Sport mit Dialysepatienten im Zentrum dauerhaft und auf breiter Grundlage zu organisieren, ist nicht einfach. Aber es belohnt uns mit aktiveren, mobileren Patienten, die glücklich sind, selbst etwas für ihre Gesundheit tun zu können. Es hebt die Stimmung – da wird nicht einfach der Arm für die Punktion hingehalten, da wird aktiv und gemeinsam mit anderen geübt, trainiert, man misst sich, hat Spaß.
Das Dialysezentrum zeigt, dass es über das Notwenige hinaus für seine Patienten aktiv ist. Aber wie organisieren?
Anfangen! Das heißt: qualifizierte, motivierte Übungsleiter finden (manchmal können der Behindertensportverband, Herzsportgruppen am Ort, Physiotherapeuten o.ä. Kontakte herstellen oder vermitteln). Bettergometer und Kleingeräte (Hanteln, Therabänder, Bälle etc.) besorgen, mit einem Trainingsprogramm beginnen und darüber informieren.
Wenn den Patienten dieses Angebot zusagt und sie weiterhin trainieren möchten: Nierensportverein gründen!
Einladen zur Gründungsversammlung (am besten im Zentrum, idealer Termin: Mittwoch zwischen Früh- und Mittagsschicht, so können die meisten Patienten teilnehmen). Vorher klären: Wer kann Vereinsfunktionen wahrnehmen: Vorsitzender, Kassenwart, Schriftführer, stellvertretender Vorsitzender, 2 Kassenprüfer. Satzungsentwurf vorbereiten, so dass er in der MV diskutiert und möglichst beschlossen werden kann. Vereinsrecht beachten. Verein eintragen lassen, nach Eintragung Gemeinnützigkeit beantragen (Finanzamt), erst nach Feststellung der Gemeinnützigkeit ist der Verein berechtigt, Spendenbescheinigungen auszustellen. Mitgliedschaft im Behindertensportverband, Institutskennzeichen beantragen (Voraussetzung für Unterstützung durch Kostenträger).
Vorher Klarheit über die Finanzierung gewinnen: Anschubfinanzierung z.B. durch das Dialysezentrum, Mitgliedsbeiträge; eine Unterstützung durch Krankenkassen im Rahmen der Rehasportvereinbarung ist erst nach Erteilung des Institutskennzeichens möglich. Die ärztliche Verordnung erfolgt dann auf dem Formblatt Muster 56 – begrenzt auf 120 Übungseinheiten innerhalb von 3 Jahren – leider gilt diese Verordnung nach derzeitiger Lesart nur für das Training außerhalb der Dialyse. Folgeverordnungen sind möglich, sie müssen wiederum auf dem Muster 56 (Seite 1, letzte Zeile) begründet werden: die Rehabilitation durch strukturiertes Training ist eine behandlungsbegleitende Therapie für die gesamte Dauer der Dialysepflichtigkeit. Ein Training ohne Hilfestellung und Anleitung durch qualifizierte Trainer ist während der Dialysebehandlung praktisch nicht möglich – die meisten Dialysepatienten benötigen zudem die externe Motivation durch Trainer, Ärzte und die Trainingsgruppe!
Ohne spendablen Sponsor läuft nichts. Hier gibt es verschiedene Modelle. Einnahmen aus Studiengeldern der Dialysepraxis können z.B. ganz oder teilweise dem Nierensport zufließen.
Zeitrahmen: Auch mit hartnäckigem Engagement wird es mindestens ein halbes Jahr, realistisch eher ein Jahr dauern, bis alle organisatorischen Hürden genommen sind. Der Lohn sollte ein funktionierendes, strukturiertes Trainingsprogramm und Organisationskonzept sein. Der Nierensportverein ist der Verein der Patienten, und wo immer möglich sollte der Vereinsvorsitzende und der Kassenwart aus den Reihen der Patienten kommen. Oft wird sich aber kein Patient finden, der in der Lage ist, diese Aufgabe wahrzunehmen, so dass sie von einem engagierten Arzt des Zentrums übernommen wird. Auch ein funktionierender Verein ist unter den heutigen Bedingungen mit mehr als der Hälfte seiner Finanzierung von Spenden abhängig, maximal die andere Hälfte kann erfahrungsgemäß aus Mitgliedsbeiträgen und Krankenkassenzuschüssen gedeckt werden. Die Gemeinnützigkeit des Vereins sichert den Spendern dann wenigstens die steuerliche Abzugsfähigkeit Ihres Engagements.
Einfacher ist es, einem bestehenden Behindertensportverein beizutreten. Hier bestehen aber verschiedene Hindernisse:
– Der Sport mit vielen Behinderten in der Halle oder im Freien trägt in vielen Sportvereinen zur Finanzierung des Gesamtvereins bei – Sportangebote während der Dialyse sind aber betreuungsintensiv, materialintensiv und bedienen immer nur kleinere Patientengruppen – das ist kostendeckend nur schwer darstellbar. Die Bereitschaft zur Förderung von Nierensportgruppen ist dementsprechend bei normalen und auch bei Behindertensportvereinen leider sehr gering.
– Aus den genannten Problemen resultiert eine Gefährdung des Sportangebots, weil die Uneigennützigkeit von Sportvereinen begrenzt ist. Und was geschieht, , wenn der externe Verein die Trainingsangebote während der Dialyse nicht mehr tragen will?
Unterstützung? Beratung und aktive Unterstützung gibt ReNi e.V. Oft ist es hilfreich, wenn Sie sich funktionierende Sportprogramme in anderen Dialysezentren anschauen – Hospitationen von Übungsleitern dienen dem Erfahrungsaustausch und der Motivation. Geeignete Zentren erfahren Sie über ReNi e.V.
Fortbildung? Jedes zweite Jahr findet ein mehrtägiges ReNi-Forum mit Ärzten und Übungsleitern statt – nehmen Sie teil
Dr. Stefan Degenhardt
(Vorsitzender Nierensport Nettetal e.V., 1. Vorsitzender ReNi e.V.)
aus der Broschüre:
Sporttherapie bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz: Theorie und Praxis eines strukturierten Trainings während der Hämodialyse